EU-Medienfreiheitsgesetz: Parteien wollen Reform des ÖRR verhindern

Am 16.9.2022 legte die EU-Kommission ihren Vorschlag für ein „Europäisches Medienfreiheitsgesetz“ vor (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52022PC0457&from=EN). Der öffentliche Rundfunk soll demnach stärker auf eine ausgewogene Berichterstattung festgelegt werden. Bislang hat der ÖRR bei der Erfüllung seines Auftrags die „Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung“ lediglich als eines von mehreren Zielen „zu berücksichtigen“ (§ 26 Abs. 2 Medienstaatsvertrag). Nach dem Verordnungsvorschlag der EU-Kommission soll die Unparteilichkeit hingegen integraler Bestandteil des Auftrags der öffentlichen Sender sein: „Öffentlich-rechtliche Medienanbieter sollen ihrem Publikum … auf unparteiische Weise eine Vielzahl von Informationen und Meinungen darstellen“ (Art. 5 Abs. 1). Und vor allem: Die Finanzierung des öffentlichen Rundfunks soll nach dem Verordnungsvorschlag mit der unparteiischen Wahrnehmung ihres Auftrags zwingend verknüpft sein (Art. 5 Abs. 3). Tatsächlich rechtfertigt sich die öffentlich-rechtliche Stellung von ARD, ZDF & Co und ihre zwangsweise Finanzierung durch die Allgemeinheit nur, wenn die Sender bei der Vermittlung von Informationen und Meinungen tatsächlich unparteiisch sind.

Würde der Verordnungsvorschlag beschlossen, hätte dies zudem erhebliche Auswirkungen auf die Presseerzeugnisse in Deutschland. Der Entwurf sieht vor, dass Nachrichtenmedien die Namen ihrer Eigentümer veröffentlichen müssen. Unter die Transparenzpflicht würden auch indirekte Beteiligungsverhältnisse fallen (Artikel 6 Abs. 1 Buchst. b der VO). Eine solche Transparenz würde vielen Lesern schlagartig die Konzentration auf dem deutschen Zeitungsmarkt vor Augen führen.

Kein Wunder, dass das Vorhaben der EU die Parteien in Deutschland auf den Plan gerufen hat. Mit den Stimmen der Koalitionsparteien hat der Bundestag am 1. Dezember 2022 Nachverhandlungen zum Kommissionvorschlag gefordert (https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw48-de-medienfreiheitsgesetz-eu-923112). Die Transparenzpflicht für Presseerzeugnisse soll rückgängig gemacht werden – zum „Schutz der Pressefreiheit“, wie es heißt. Und die Vorgabe für den öffentliche Rundfunk soll dadurch verwässert werden, dass die EU-Kommission statt einer zwingenden Verordnung nur eine Richtlinie erlassen soll (https://dserver.bundestag.de/btd/20/046/2004682.pdf). Das würde den Mitgliedstaaten Spielraum bei der Umsetzung geben. Die Prognose ist nicht gewagt, dass dann alles beim Alten bleiben wird

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