Anmerkungen zur „Compact“-Entscheidung

Heute hat das Bundesverwaltungsgericht im Eilverfahren die aufschiebende Wirkung der Klage der Compact-Magazin GmbH gegen das vereinsrechtliche Verbot der Bundesinnenministerin wiederhergestellt. Die Pressemitteilung des Gerichts gibt Anlass zu folgenden Anmerkungen (https://www.bverwg.de/de/pm/2024/39):

Das Gericht hat keine Bedenken gegen die Anwendbarkeit des Vereinsgesetzes auf die als Presse- und Medienunternehmen tätige Antragstellerin. Das ist formal-juristisch korrekt, weil § 17 VereinsG die Vorschriften über Vereinsverbote auf Wirtschaftsvereinigungen wie insbesondere GmbHs ausdehnt, sofern diese sich „gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten“. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Das Bundesinnenministerium verweist in seiner Pressemitteilung vom 16.7.2024 auf zwei Fälle aus der Vergangenheit, in denen die Vorschriften über Vereinsverbote auf Presseunternehmen angewendet wurden. Im ersten Fall handelte sich um eine Gesellschaft, der vorgeworfen wurde, die Verlagstätigkeit nur vorgeschoben zu haben. Tatsächlich soll sie die Einnahmen aus dem Verlagsgeschäft einer verbotenen Terrororganisation zugewandt haben. Im zweiten Fall wurde das Verbot damit begründet, Zweck und Tätigkeit des Vereins liefen den Strafgesetzen zuwider. Beides ist im Fall „Compact“ nicht Gegenstand des Vorwurfs. Dieser betrifft journalistische Inhalte, die sich – soweit bekannt – außerhalb der strafrechtlichen Verbotstatbestände bewegen. Deshalb verwundert die saloppe Anwendung der Vorschriften über Vereinsverbote auf ein Unternehmen, das als Presseunternehmen selbst den besonderen Schutz des Grundgesetzes genießt. Die Meinungs- und Pressefreiheit darf nur auf der Grundlage von allgemeinen Gesetzen beschränkt werden, die sich nicht gegen eine bestimmte Meinung richten. Offenbar wertet das BVerwG das Vereinsgesetz als allgemeines Gesetz im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG. Die Kontrollüberlegung ist: Könnte der Gesetzgeber Meinungen, wie sie Gegenstand der Verbotsverfügung sind, zulässigerweise gesetzlich verbieten? Das ist sehr unsicheres Fahrwasser, denn bekanntlich fasst das Bundesverfassungsgericht Meinungen sogar dann unter den Schutz der Meinungsfreiheit, wenn sie den Wertsetzungen des Grundgesetzes zuwiderlaufen. Im Hauptsacheverfahren wird sich das BVerwG mit dieser Frage eingehender beschäftigen müssen. Von einer „Vereinsfestigkeit des Presserechts“, wie teilweise postuliert, sind wir aktuell jedenfalls weit entfernt.

Der zweite Punkt betrifft die Abweisung der Eilanträge der übrigen Antragsteller. Die Zeitschrift darf vorläufig weiter erscheinen, aber der Chefredakteur und die Mitarbeiter dürfen daran nicht mitwirken? Das wäre nur schwer verständlich. Insoweit bleibt die Urteilsbegründung abzuwarten.

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