Gesundheitswerbung – Irreführend?

Wird für ein Produkt mit Aussagen geworben, die die menschliche Gesundheit betreffen, gelten besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit und Klarheit der Werbung (s. Riegger, Heilmittelwerberecht: https://www.lehmanns.de/shop/recht-steuern/9871223-9783406585227-heilmittelwerberecht). Im konkreten Fall geht es um folgende Aussage, mit der in Apotheken für ein Sonnenschutzmittel geworben wird:

 

„Unser NEUER STANDARD beim Sonnenschutz

für die am meisten exponierte Hautpartie: DAS GESICHT

UVB UVA HEV BLUE LIGHT

 

In der Wissenschaft ist unstreitig, dass die energiereicheren unsichtbaren UVB- und UVA-Strahlen in allererster Linie für das Risiko von Hautkrebs, Sonnenbrand und vorzeitige Hautalterung verantwortlich sind. Auf dem Markt waren bereits vor der Werbung Produkte erhältlich, die mit einem speziellen Filter zusätzlich vor „High Energy Visible Blue Light“ (HEV) schützen. HEV Blue Light ist energiereiche Strahlung aus dem Spektrum des sichtbaren Sonnenlichts. In der Wissenschaft ist allerdings umstritten, ob HEV Blue Light schädlich für die Haut ist und inwiefern ein Schutz davor sinnvoll ist.

Der Kläger beanstandet die Aussage als irreführend. Das Landgericht gibt seiner Klage statt. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil bleibt erfolglos. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts erwarten die angesprochenen Verbraucher von einem „NEUEN STANDARD“ ein „neues Niveau beim Sonnenschutz“ im Sine einer „deutlichen Verbesserung“ im Vergleich zum gesamten bisherigen Markt an Sonnenschutzprodukten.  Den Einwand der Beklagten, die Aussage beziehe sich nur auf einen Vergleich mit dem eigenen Sortiment („Unser“ NEUER STANDARD), hält das Gericht für lebensfremd. Mit der Begründung, dass schon bisher Produkte mit Schutz gegen HEV Blue Light auf dem Markt erhältlich waren und die Beklagte den reklamierten „neuen Standard“ auch nicht selbst gesetzt hat, hält das OLG die Werbung für irreführend.

Irreführend ist nach Ansicht des Gerichts auch die Werbung mit der Aussage „UVB UVA HEV Blue Light“. Dem Betrachter werde suggeriert, dass die drei genannten Strahlungsarten im Hinblick auf ihre Gefährlichkeit und die Bedeutsamkeit eines Schutzes vor ihnen auf einer Stufe stünden. Tatsächlich gingen sonnenlichtbedingte Hautschäden nach aktuellem Forschungsstand in erster Linie von UV-Strahlen (UVB-UVA) aus (OLG Hamburg, Urt. v. 7.9.2023, Az. 15 U 113/22 https://www.landesrecht-hamburg.de/bsha/document/JURE235009646).

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