Wettbewerbsrecht: Erstattung der Abmahnkosten und Klageantrag
- 17/11/2022
- 14:27
- Kanzlei_Dr_Riegger
Der BGH hat in einem aktuellen Urteil seine Rechtsprechung zur notwendigen Bestimmtheit von wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanträgen und zum Ersatz von Abmahnkosten bekräftigt (Urt. v. 28.07.2022, Az. I ZR 205/20 https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=51969cf3ebe4be8bdfb1dfec039b74bf&nr=131096&pos=8&anz=11). Wer zur Unterlassung einer Handlung verurteilt wird, muss alles Zumutbare unternehmen, um eine Wiederholung dieser Handlung in Zukunft zu vermeiden. Denn für jeden einzelnen Wiederholungsfall drohen ihm sonst hohe Ordnungsgelder bis hin zu Ordnungshaft. Da ist es verständlich, dass der Verurteilte kein Interesse an einer uferlosen Ausweitung seiner Unterlassungspflichten haben kann. Der Kläger hingegen versucht genau das: Den Beklagten möglichst umfangreich zur Unterlassung zu zwingen. Das Gericht muss prüfen, ob das Unterlassungsbegehren des Klägers hinreichend bestimmt ist. Der BGH weist darauf hin, dass Unterlassungsanträge grundsätzlich unbestimmt sind, wenn sie lediglich den Wortlaut des Gesetzes wiederholen, gegen das der Beklagte verstoßen hat. Im entschiedenen Fall ging es darum, dass dem Beklagten verboten werden sollte, seinen Kunden bei Flugbuchungen keine „gängige und zumutbare Zahlungsmöglichkeit“ zur Verfügung zu stellen, für die der Kunde kein gesondertes Entgelt zahlen muss (§ 312 a Abs. 4 Nr. 1 BGB https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__312a.html). Die Formulierung „gängig und zumutbar“ ist aus Sicht des BGH zu unbestimmt, so dass der Beklagte im Ergebnis nicht sicher weiß, was ihm eigentlich verboten ist. Der Kläger hätte seinen Antrag auf die konkrete Verletzungsform beziehen müssen, also das Verhalten konkret beanstanden müssen, mit dem der Beklagte gegen die Gesetzesbestimmung verstoßen hat. Der BGH verweist den Rechtsstreit deshalb zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurück.
Vor Erhebung wird der Beklagte normalerweise vom Kläger abgemahnt (s. hier: Wettbewerbsrecht). Die Abmahnung ist die vorgerichtliche Aufforderung zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung. Der Beklagte muss die Kosten der gegen ihn ausgesprochenen Abmahnung an den Kläger erstatten, wenn die Abmahnung berechtigt war. Das ist der Fall, wenn ein Unterlassungsanspruch tatsächlich besteht und die Abmahnung auch erforderlich ist, um dem Abgemahnten einen Weg zu weisen, den Abmahnenden klaglos zu stellen, ohne dass dieser die Gerichte bemühen muss. Im entschiedenen Fall sieht der BGH keine Notwendigkeit, dem Kläger die Abmahnkostenerstattung zu versagen, weil seine Abmahnaufforderung nicht ausreichend bestimmt war. Es reiche aus, so der BGH, wenn in der Abmahnung der beanstandete Sachverhalt „so genau angegeben und der darin erblickte Rechtsverstoß so klar und eindeutig bezeichnet wird, dass der Abgemahnte die gebotenen Folgerungen ziehen kann“. Dass die vom Kläger geforderte Unterlassungserklärung nach den oben dargelegten Grundsätzen zu weitgehend war, schadet beim Ersatz der Abmahnkosten nicht (BGH Urt. v. 28.07.2022, Az. I ZR 205720).