Wettbewerbsrecht: Gefahr einer Abmahnung – Werbung mit der Angabe „Klimaneutral“

Das Klimathema bestimmt zunehmend den Lebensalltag der Menschen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Unternehmen sich und ihre Produkte gerne mit dem Attribut „Klimaneutral“ bewerben. Viele Menschen verbinden damit ein positives Image, weshalb die Gefahr möglicher Irreführung durch Verwendung dieser werbewirksamen Angabe hoch ist („Greenwashing“). Entsprechend hoch ist die Gefahr einer Abmahnung bei werblicher Verwendung des Begriffs.

Die Voraussetzungen für eine zulässige Verwendung des Begriffs zu Werbezwecken werden in einem aktuellen Urteil des OLG Frankfurt beleuchtet (Eilverfahren, Urt. v. 10.11.2022, Az. 6 U 104/22 https://openjur.de/u/2458958.html). Gegenstand der Klage ist die Angabe „Klimaneutral Unternehmen“, die nach Art eines Gütesiegels verwendet wird. Das OLG Frankfurt geht davon aus, dass der Begriff „Klimaneutral“ aus sich heraus verständlich ist. Der Durchschnittsverbraucher verstehe den Begriff im Sinne einer ausgeglichenen Bilanz der CO2-Emissionen, wobei dem Verbraucher bekannt sei, dass die Neutralität sowohl durch Vermeidung von Emissionen wie auch durch Kompensationsmaßnahmen (z.B. Zertifikatehandel) erreicht werden könne. Über bestimmte Aspekte muss der Verbraucher aber aufgeklärt werden, um eine Irreführung zu vermeiden:

  • Bezieht sich die beworbene Klimaneutralität auf ein bestimmtes Produkt oder das Unternehmen als Ganzes („Product Carbon Footprint“ vs. „Corporate Carbon Footprint“)?
  • Beim Unternehmensbezug geht der Verbraucher davon aus, dass grds. alle wesentlichen Emissionen des Unternehmens (auch der Produktion) kompensiert werden. Sind also bestimmte Emissionen ausgenommen (z.B. eingekaufte Güter, Rohstoffe), muss zur Vermeidung einer Irreführung in der Werbung darauf hingewiesen werden.
  • Wichtig aus Verbrauchersicht – und daher zur Ausräumung einer Irreführung durch Unterlassen (§ 5a UWG Wettbewerbsrecht) – ist ferner die Angabe, ob die Klimaneutralität zumindest teilweise durch Einsparungen oder etwa ausschließlich durch Kompensationsmaßnahmen erreicht wird („Greenwashing“).
  • Schließlich müssen Informationen darüber bereitgestellt werden, anhand welcher Kriterien die Prüfung für das Gütesiegel erfolgt ist.

Da der Platz in der Werbeanzeige beschränkt ist, soll es nach Ansicht des OLG Frankfurt ausreichen, wenn in der Werbung auf eine Internet-Seite verwiesen wird, auf der nähere Informationen zur Verfügung stehen und unschwer ermittelt werden können (z.B. in Form einer übersichtlichen Zusammenfassung).

Praxistipp: Bei Werbung mit der Angabe „Klimaneutral“ besteht ein Irreführungspotential. Dem Verbraucher müssen zusätzliche Informationen zur Verfügung gestellt werden, um die Gefahr einer Abmahnung auszuschließen.

Scroll to Top