Durchgestochene Tagebucheinträge in der Presse
- 04/05/2024
- 18:31
- Kanzlei_Dr_Riegger
Im Mai 2023 äußerte sich der BGH zur Zulässigkeit der Veröffentlichung von Tagebuch-Auszügen in der Presse (hier: Veröffentlichung von Tagebucheinträgen in der Presse). Das Tagebuch war in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der „Cum-ex“-Affäre beschlagnahmt und sein Inhalt widerrechtlich an die Presse durchgestochen worden. In den veröffentlichten Auszügen wird u.a. über Treffen des Autors, des Aufsichtsratsvorsitzenden einer Bank, mit Kanzler Scholz berichtet. Nachdem das Landgericht der Klage des Aufsichtsratsvorsitzenden auf Unterlassung stattgegeben hatte und die Berufung des beklagten Presseorgans erfolglos blieb, hob der BGH dieses Urteil auf. Die Tagebücher des Klägers seien aufgrund der Beschlagnahme im Ermittlungsverfahren nicht zu „amtlichen Dokumenten eines Strafverfahrens“ geworden, deren Veröffentlichung unter Strafe stehe (§ 353d Nr. 3 StGB), weshalb auf die Verletzung dieser Norm kein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch gegründet werden könne. Auch seien die Persönlichkeitsrechte des Klägers nicht verletzt, weil in der gebotenen Abwägung die berechtigten Informationsinteressen der Öffentlichkeit und die Meinungsgrundrechte der Presse das Persönlichkeitsrecht des Klägers überwögen.
Die dagegen vom Kläger eingelegte Verfassungsbeschwerde weist das Bundesverfassungsgericht nun als unzulässig zurück. Eine Verletzung des Klägers in seinen Grundrechten sein nach Ansicht des BVerfG nicht nachvollziehbar vorgetragen. Das Gericht hebt hervor, dass es nicht seine Aufgabe sei, die „Richtigkeit“ der zivilgerichtlichen Rechtsprechung zu beurteilen. Die Auslegung von Gesetzen durch die Zivilgerichte (hier: § 823 Abs. 2 BGB) sei verfassungsrechtlich nur am Maßstab des aus dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) abgeleiteten Willkürverbots zu prüfen. Einen solchen Verstoß kann das Bundesverfassungsgericht nicht erkennen. Ebensowenig sei das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers dadurch verletzt, dass der BGH eine Abwägung mit dem Informations- und Meinungsgrundrechten der Öffentlichkeit bzw. Presse vorgenommen habe (BVerfG, Beschl. v. 10.4.2024, Az. 1 BvR 2279/23 https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2024/04/rk20240410_1bvr227923.html).